30.10.2024
ANDACHT

     

„Alles wird gut…!? - Echt?“ – JA!

Andacht für den Reformationstag von Pfarrerin Annemarie Sommer

 

 

Die Glocken läuten. Ich lege beiseite, was mich gerade beschäftigt, und höre auf das Läuten. Mein Kopf und mein Herz sind trotzdem voll. Einatmen. ausatmen. Alles lassen. Ich bin hier. Gott ist hier. Das genügt.


Votum
In deinen Händen, Herr, steht unsere Zeit.
Denke an mich in deiner Gnade. 
Erhöre mich und hilf mir. Amen.


Ich leihe mir Worte der Psalmbeter aus dem Alten Testament, um mit ihnen zu danken, zu klagen, zu loben.

Wochenpsalm    46 nach Luther

2 Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.

3 Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken,

4 wenngleich das Meer wütete und wallte

und von seinem Ungestüm die Berge einfielen.

5 Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben

mit ihren Brünnlein,

da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind.

6 Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie festbleiben;

Gott hilft ihr früh am Morgen.

7 Die Völker müssen verzagen und die Königreiche fallen, 

das Erdreich muss vergehen, wenn er sich hören lässt.

8 Der HERR Zebaoth ist mit uns,

der Gott Jakobs ist unser Schutz.

9 Kommt her und schauet die Werke des HERRN,

der auf Erden solch ein Zerstören anrichtet,

10 der den Kriegen ein Ende macht in aller Welt, d

er Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer verbrennt.

11 Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin!

 Ich will mich erheben unter den Völkern,

ich will mich erheben auf Erden.

12 Der HERR Zebaoth ist mit uns,

der Gott Jakobs ist unser Schutz.


Lied „Eine feste Burg ist unser Gott“ (M. Luther)

1. Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen.
Der alt böse Feind mit Ernst ers jetzt meint; groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen.

2. Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren;
es streit' für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren. Fragst du, wer der ist?
Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott, das Feld muß er behalten.

3. Und wenn die Welt voll Teufel wär, und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir und nicht so sehr,
es soll uns doch gelingen. Der Fürst dieser Welt, wie saur er sich stellt,
tut er uns doch nicht; das macht, er ist gericht': Ein Wörtlein kann ihn fällen.


Auf Gottes Worte hören – jeder Sonntag hat seine Texte. Ich lese einen oder mehrere Texte und lasse die Worte auf mich wirken.

Wochenspruch 1. Korintherbrief 3, 11

„Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“

Evangelium nach Matthäus 5, 1-10

5,1 Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg. Und er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:

3 Selig sind, die da geistlich arm sind;

denn ihrer ist das Himmelreich.

4 Selig sind, die da Leid tragen;

denn sie sollen getröstet werden.

5 Selig sind die Sanftmütigen;

denn sie werden das Erdreich besitzen.

6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.

7 Selig sind die Barmherzigen;

denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

8 Selig sind, die reinen Herzens sind;

denn sie werden Gott schauen.

9 Selig sind, die Frieden stiften;

denn sie werden Gottes Kinder heißen.

10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.


 

„Alles wird gut.“

Ich kann diesen Satz nur schwer hören. Oder ich höre ihn und gehe innerlich trotzdem an die Decke. „Alles wird gut.“

Ich habe diesen Satz wohl am meisten in meiner Kindheit gehört. Zum Beispiel, wenn ich mir eine dicke Beule an den Kopf gehauen habe. Oder als ich meinen geliebten Schnuffi (einen Stoffhund) verloren hatte. Wenn der Schmerz so groß war, dass ich mich in die Arme meiner Mama gekuschelt habe. Dann sagte sie auch: „Komm, Anne, alles wird gut.“

Blödsinn, denke ich. Das Knie tut weh! Das Kuscheltier ist weg! Nichts ist gut. Aber getröstet hat es mich doch irgendwie auf geheimnisvolle Art und Weise - dieses „Alles wird gut.“ Und die Beule wurde meist schnell kleiner und meinen geliebten Schnuffi habe ich durch wundersame Weise auch wiedergefunden. Aber das ist eine andere Geschichte. 

Neulich habe ich mich dabei erwischt, dass ich diesen Satz genauso zu meinen Kindern sage, wenn die vor Schmerzen weinen und sich in meine Arme schmiegen. „Alles gut, mein Schatz. Es wird wieder.“ Und ja – ich habe das Gefühl, dass auch sie getröstet werden. Ich vermute es liegt daran: Weil sie mir vertrauen. So wie ich meiner Mama. Auf geheimnisvolle Weise ist da im Innern das Gefühl: Die weiß es. Und ich vertraue ihr. Vielleicht ist es das, was uns tröstet in diesem Moment. Zu spüren, ich bin nicht allein. Zu hören „Alles wird gut.“ Das fühl ich zwar grad nicht, aber der Andere. Und ich vertraue ihm. Und der sagt es mir ins Herz hinein. Der Schmerz ist nicht gleich weg, aber schon ein bisschen weniger in diesem Moment.

„Selig sind…“ Was erzählst du da, Jesus? Frag ich mich, wenn ich diese Sätze aus der Bergpredigt lese. Ich kann sie schwer hören und manchmal geh ich auch bei ihnen innerlich an die Decke. „Selig/Glücklich sind.“  Das klingt wie „Alles wird gut.“

Ist das so? Es gibt Tage, da habe ich eher das Gefühl, dass alles den Bach runtergeht. Und die Armen sind nicht selig und die Traurigen erst recht nicht. Arm ist arm und traurig traurig. Und die Ärmeren werden meist ärmer und die Traurigen haben wenig Hoffnung. Aber es geht noch weiter. „Selig sind die Sanftmütigen.“ Ich finde gerade die haben es momentan nicht leicht. Worte der Versöhnung, des Bedachtseins sind schwer in diesen Zeiten. Mut zur Sanftheit ist nicht erwünscht. Wer am lautesten brüllt, hat Recht. Jeder pocht auf seiner Wahrheit und die liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Jesus, du bist echt weltfremd und verrückt, wenn du sowas sagst. „Selig sind…“

EBEN! sagt Jesus. Deswegen sag ich es ja. Traurige werden Trost erfahren. Friedliche werden federführend sein. Das Hassgebrüll wird leiser werden. Gerechtigkeit wird groß. Die Sanftmutigen mutiger. Die mit reinem Herzen werden gestärkt werden. Gutes wird siegen. Alles wird gut. Das ist mein Plan. Und er wird kommen. Es wird gut werden. Für euch. Ich weiß es.

Jesus, wenn du das sagst, dann klingt es anders. Ich verstehe noch nichts davon. Ich fühle nur meinen Schmerz. Ich sehe nur, was alles nicht geht. Dein „Alles wird gut.“ dringt aber leise zu mir durch. Wenn ich es auch nicht fühle. Du weißt es. Und ich vertraue dir. Das tröstet mich. Auf geheimnisvolle Art und Weise. Es macht den Weltenschmerz nicht weniger. Aber gibt mir die Hoffnung, dass es anders sein kann. Und anders geht. Und gut werden wird. Dass die Welt, von der du sprichst, am Ende in deinem Reich endet.

Wenn du das so sagst, Jesus, dann beginne ich zu träumen. Der Schmerz ist noch da. Aber in mir bewegt sich was. Ich bekomme direkt Lust: zu trösten, die Wahrheit weiter zu suchen und auszusprechen, Mut zur Sanftheit zur haben, mich für Gerechtigkeit einzusetzen, dem Frieden nachzujagen, barmherzig zu sein mit Anderen und mit mir selbst. Aber mit ganzem Herzen. Es geht. Aus deiner Kraft. Aus deinem Trost.

So muss es wohl auch Martin Luther gegangen sein. Damals vor über 500 Jahren. Als er von deiner Kraft und deinem Trost bewegt war, etwas zu verändern. Missstände anzusprechen. Es kann anders werden. Verträumt, verrückt, geheimnisvoll war das und ja – getröstet durch dich. Das möchte ich auch sein – und bleiben. Also schmieg ich mich heute in deine Arme und lass mir sagen: „Alles wird gut.“ Amen.       


Lied „Verleih uns Frieden gnädiglich“ (M.Luther)

Verleih‘ uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unser’n Zeiten,
Es ist doch ja kein Ander‘ nicht, Der für uns könnte streiten,
Denn du, unser Gott alleine.


Gebet        Beten, das ist: in der Stille mit Gott reden und darauf vertrauen: Da ist ein Du, das mich sieht und hört.


Still sein - Ich will dir danken, Gott …
Still sein - Ich denke an …
Still sein - Das beschäftigt mich …

Auf dein Wort, ewiger Gott,
haben unsere Mütter und Väter gehört.
Wir danken dir dafür.

Dein Wort, Jesus Christus,
ist uns Trost und Mahnung.
Wir danken dir dafür.

Dein Wort, barmherziger Gott, ist das Leben.
Sprich es heute:
zu den Müttern und Vätern,
damit es die Kinder lernen.
Sprich es heute:
zu den Kranken,
damit sie genesen.
Sprich es heute:
zu denen, auf die man hört,
damit sie den Schwachen zum Recht verhelfen.
Sprich es heute:
zu den Klugen und Weisen,
damit sie ihr Können zum Wohl aller einsetzen.
Sprich es heute:
zu deiner Kirche,
damit sie es predigt.
Sprich es heute zu uns,
damit wir als versöhnte und getröstete Menschen leben
und deinen Frieden in die Welt hineintragen
durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.


Segen        Vielleicht mit geöffneten Händen nach oben empfangen.

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Er stärke uns durch seine Kraft zum ewigen Leben. Amen.